Beispiel eines informatorischen Modells

Bevor auf die allgemeinere theoretische Struktur von informatorischen Modellen zum Beispiel des gedächtnisbasierten Lernens eingegangen werden soll, sollen hier einige einführende Beispiele betrachtet werden.

Ausgangspunkt für alle Beispiele ist das Szenario, wie es in Bild 5.25 dargestellt wird. Die Umgebung ENV ('environment') liefert in einem Zeitfenster unterschiedliche Worte als Pattern $P_{i}$, die auf die Oberfläche ('surface') des Systems einwirken können. Es wird angenommen, daß es dort sensorische Register $SR_{i}$ gibt, die Erregungsmuster aus unterschiedlichen sensorischen Kanälen registrieren können. Die Inhalte dieser sensorischen Register werden im Rahmen einer Wahrnehmungsfunktion perc auf interne Wahrnehmungsmuster $\sigma_{i} \in \Sigma^{*}$ abgebildet, die dann zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung stehen. Es hängt dann von der Systemfunktion $f$ ab, wie diese Inputereignisse auf die Outputereignisse $\xi_{j} \in Xi^{*}$ abgebildet werden. Diese jedenfalls werden mittels der Antwortfunktion resp so auf die Oberfläche abgebildet, daß dies zu Oberflächenveränderungen führt, die dann als diverse Aktionen $\alpha_{j} \in ACT_{j}$ wahrgenommen werden können.

Figure 5.25: Allgemeines Szenario für ein gedächtnisbasiertes System
\includegraphics[width=3.5in]{memory_based_learning_no.1.eps}

Es fragt sich jetzt, wie die Systemfunktion $f$ weiter konkretisiert werden kann? Dabei ist zu beachten, daß die Systemfunktion möglichst implementierungsneutral beschrieben werden sollte. Was kann dies konkret heißen? Welche Anforderungen müssen bei dieser Konkretisierung auf jeden Fall erfüllt werden? Als minimale Anforderungen gelten auf jeden Fall die Verhaltensanforderungen der Schnittstelle des Systems. Im Falle der zusätzlichen Engineeringvorgabe, daß die Systemfunktion neuronalen Prinzipien folgen soll, ist diese bislang noch nicht genau definiert. Nennen wir die Forderung nach Konformität mit neuronalen Prinzipien das NN-Konformitäts-Postulat. An dieser Stelle wird folgende Präzisierung des NN-Konformitäts-Postulats vorgenommen:

NN-Konformitäts-Postulat, Vers. 1.0: Eine Systemspezifikation, die dem NN-Konformitäts-Postulat genügt, umfaßt zwei Teile: Teil 1 beinhaltet eine funktionale Spezifikation von wichtigen Systemkomponenten und deren Verknüpfungen; Teil 2 übersetzt diese Module und Verknüpfungen in neuronale Strukturen einer definierten Art samt Abarbeitungsvorschrift.

Der Ausdruck neuronale Strukturen einer definierten Art ist so zu verstehen, daß heute sehr viele unterschiedliche Modelle von biologischen Neuronen und ihren Verbindungen eingeführt worden sind. Je nachdem, welches dieser Neuronenmodelle -oder auch eine Kombination von mehreren- man für Teil2 benutzt erhält man ganz unterschiedliche Systeme. Da bei ist zu beachten, daß Teil2 noch keine Implementierungseben darstellt, da die konkreten neuronalen Netze von Teil2 erst dann wirksam werden können, wenn man sie entwder in Softwareprogramme übersetzt oder sie mittels eines geeigneten Interpreters simulieren kann oder man diese neuronalen Spezifikation direkt in Hardwarestrukturen übersetzt (Neurochips).



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Gerd Doeben-Henisch 2010-12-16