Chemische und Biologische Evolution

Abstract:

Die Frage der Entstehung molekularer Informationen weist in das Gebiet der chemischen Evolution. In der biologischen Evolution wird die Zelle als Ausgangspunkt angenommen und untersucht, wie sich die molekulare (genetische) Information verändern kann, wie die genetische Information durch Wachstumsprozesse in körperliche Strukturen (= Phänotyp) übersetzt werden kann, und wie die körperliche Strukturen wieder auf die molekularen Strukturen zurückwirken können.




Damit verlagert sich die Frage nach dem 'Ursprung' der steuernden Informationen in Richtung der molekularen Informatione n und deren Entstehung. Dies führt über den Bereich der 'biologischen Evolution' hinaus, die mit dem Vorliegen einer funktionierenden Selbstreplikation beginnt. Mit dem Überschreiten gelangen wir in den Bereich der chemischen Evolution. Diese endet mit dem Auftreten einer biologischen Zelle und beginnt 'irgendwo früher'. Sie beschreibt den Prozess, wie es zur Bildung von Zellen kommen konnte.

Obgleich gerade im Bereich der chemischen Evolution viele, vielleicht die wichtigsten Fragen, bislang ungelöst erscheinen, werden wir uns in dieser Vorlesung damit nicht im Detail beschäftigen. Uns interessiert vielmehr nur der Punkt, wie es möglich ist, dass im molekularen Speicher (im DNA-Molekül bzw. in der übersetzten Form im RNA-Molekül) genau alle jene Informationen zur Verfügung stehen können, die dann zu diesen hoch komplexen und dennoch extrem leistungsfähigen Prozessen und Strukturen führen können.

Geht man mal davon aus, dass irgendwann einmal biologische Zellen verfügbar waren (ca. 3.8 Mrd vor dem Heute), dann gibt es Modellvorstellungen, wie diese sich optimieren konnten.

Figure 2.2: Genetischer Algorithmus mit Phänotyp
\includegraphics[scale=.85]{GAGeneralization2b.eps}

Mit Beginn der biologischen Evolution kommen die molekularen Informationsspeicher immer nur im Innern von Zellen vor. Diese Zellen bilden im Laufe von Milliarden Jahren Zellverbände, die als körperliche Einheiten (die Phänotypen) mit der jeweiligen Umgebung interagieren. Bei den Phänotypen, die im Laufe ihrer Lebenszeit hinreichend viele Nachkommen bilden können, kommt es dann zur Weitergabe der molekular gespeicherten Informationen. Die anderen 'sterben aus'. Die Ursachen für den 'Erfolg per Nachkommen' können vielfältige sein. Letztlich gründen sie alle in der Fähigkeit des Phänotyps, hinreichend viel Energie für seine Lebensfunktionen finden zu können.

Wichtig ist hier, dass bei der Weitergabe der molekular gespeicherten Informationen diese nach bestimmten Verfahren vermischt und abgeändert werden können. Dabei kommen zu einem geringen Anteil auch zufällige Momente ins Spiel. Dies hat zur Folge, dass die molekular gespeicherten Informationen von Generation zu Generation leicht abgeändert werden. Damit erklärt sich die Variabilität. Unklar ist, warum diese Informationen überhaupt einen lebensfähigen Phänotypen hervorbringen können. Mathematische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Annahme eines Auffindens von komplexen Lösungen 'rein zufällig' weit jenseits aller Machbarkeit liegt. Dies wirft viele neu Fragen auf.

Gerd Doeben-Henisch 2014-01-14