Realisierung eines Phänotyps

Abstract:

Genetische Algorithmen 1.Stufe repräsentieren noch keine individuell lernenden Systeme. Dafür benötigt man explizite Phänotypen. Aus der großen Zahl möglicher Varianten werden drei Phänotypen explizit vorgestellt: Lernende Classifier Systeme (LCS), Künstliche Neuronale Netze (KNNs), sowie Netzwerke von universellen Turingmaschinen (NUTMs). Alle individuellen Lerner ordnen sich in den gleichen theoretischen Lernrahmen ein, der durch die Begriffe 'Verhalten', 'Aufgabe', 'Welt', 'Lernmodell', 'Lernexperiment' und 'Lernkurve' charakterisiert wird.




Rückblickend auf genetische Algorithmen 1.Stufe (GA1) muss man festhalten, dass man bei GA1s noch nicht wirklich von 'lernenden Systemen' sprechen kann, wie wir es 'normalerweise' verstehen[*]. Bei genetischen Algorithmen 1.Stufe gibt es keine explizite Welt und die Informationsketten in einer Population stellen letztlich nur 'Baupläne' für mögliche Systeme dar.

Bevor wir später die automatische Generierung von Phänotypen aus solchen genetischen Bauplänen untersuchen werden, sollen jetzt erst einmal drei prominente Beispiele von Phänotypen ins Zentrum der Betrachtung gerückt werden, wobei jeder der drei Phänotypen für sich ein 'lernendes System' repräsentieren kann. Alle drei sind untereinander mathematisch 'äquivalent', d.h. jedes dieser Systeme 'kann' alles, was auch das andere kann. Sie unterscheiden sich nur darin, wie man sie hinschreibt.

Mathematisch würde es daher ausreichen, sich nur mit einem dieser Systemtypen zu beschäftigen, aber in praktischer Hinsicht, mit Blick auf mögliche konkrete Anwendungen, unterscheiden sie sich in der Art und Weise, wie man lernende Systeme modellieren kann.

Allgemein betrachtet sind die Phänotypen innerhalb der biologischen Evolution zahllos und von einem Formenreichtum, der bis heute noch nicht vollständig dokumentiert ist. Für die Ziele dieser Vorlesung genügt es aber, sich auf den Aspekt des Wissens zu fokussieren. Vereinfacht formuliert: welche Umgebungseigenschaften werden auf welche Weise in einem biologischen System 'wahrgenommen' (der verfügbare 'Input' $ IN$), welche beobachtbaren 'Reaktionen' lassen sich (als der verfügbare 'Output' $ OUT$) feststellen, und wie sieht die zugehörige 'Verhaltensfunktion' aus ( $\phi_{Biol}: IN \times IS \mapsto IS \times OUT$ (dies entspricht der Grundannahme zu einem 'lernenden' System 2.3), die das Verhalten generiert? Die verschiedenen Realisierungsdetails in den konkreten biologischen Systemen sind für diese Vorlesung irrelevant, zumindest solange sie sich mit der 'gleichen' Funktion beschreiben lassen. 'Gleich' bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die identifizierten Input- und Outputmengen die gleichen sind.

Gerd Doeben-Henisch 2014-01-14