Kreative Idee für einen CC-Lerner

Ausgangspunkt für die Modellierung der Systemfunktion ist einmal das vorgegebene Verhaltensmodell (siehe weiter oben), zum anderen die Anforderung, bei der Konstruktion neuronale Prinzipien zu berücksichtigen, im vorliegenden Falle konkretisiert durch den Anforderungskatalog von McCulloch undPitts (1953) sowie deren Konzept eines einfachen Neurons (vgl. Bild 4.17).

Figure 4.17: Allgemeine Struktur eines McCulloch-Pitts Neurons
\includegraphics[width=3.5in]{mcp_struktur_allgemein.eps}

McCulloch und Pitts nehmen an, dass ein Neuron k-viele Eingänge haben kann, die exzitatorisch (anregend) wirken können und m-viele, die inhibitorisch (hemmend) wirken können. Sie nehmen ferner an, dass alle Signale entsprechend dem Alles-oder-Nichts Verhalten der Neuronen entsprechend entweder 'an' (= 1) sind oder 'aus' (=0). In der neuronzelle werden die exzitatorischen Eingänge aufaddiert (ADD), bei den inhibitorischen Eingängen reicht es aber aus, wenn ein einziger aktive ist (OR), um alle exzitatorischen Eingänge zu blockieren. Im Blokadefall ist der Wert aller eingänge 'Null' (= 0, aus). Im Nicht-Blokadefall addieren sich die k-vielen Eingänge zu einem Wert $inp \in \{1, \cdots, k\}$. Für den Fall dass der Wert des Inputs kleiner als der Schwellwert (threshold) $\theta$ ist, gibt das Neuron auf dem ausgehenden Axon kein Signal ab (= 'aus', 0); andernfalls wird ein Signal erzeugt ('an', 1).

Betrachten wir einfaches Netzwerk von vier McCulloch-Pitts Neuronen, ergänzt um eine Konstante, die modelliert wird durch ein Neuron ohne Eingang, aber mit einem Ausgang (siehe Bild 4.18). Dies ist -sehr idealisiert- etwa vergleichbar einem sensorischen Neuron. Solche Faktoren waren von McCulloch Pitts nicht vorgesehen, wären aber simulierbar.

Figure 4.18: Einfaches Netzwerk mit vier McCulloch-Pitts Neuronen
\includegraphics[width=3.5in]{mcp_netz_cc1.eps}

In diesem Netzwerk kommen vier typische McCulloch-Pitts Neuronen vor, allerdings alle nur mit exzitatorischen Eingängen. Neuron A hat einen Eingang, Schwellwert $\theta = 1$ und bildet somit den Eingang direkt auf den Ausgang ab.

A(in) = out
1 1
0 0

Neuron B hat drei Eingänge und Schwellwert $\theta = 2$. Dies bedeutet, Neuron A gibt nur dann ein Signal ab, wenn mindestens zwei Eingänge gleichzeitig 'an = 1' sind (2-aus-3 Schaltung).

B(in) = out
1 1 1 1
1 1 0 1
1 0 1 1
0 1 1 1
1 0 0 0
0 1 0 0
0 0 1 0
0 0 0 0

Neuron C hat zwei Eingänge und Schwellwert $\theta = 1$. Dies bedeutet, Neuron A gibt ein Signal ab, wenn mindestens ein Eingang 'an = 1' ist (1-aus-2 Schaltung; OR).

C(in) = out  
1 1 1  
1 0 1  
0 1 1  
0 0 0  

Neuron D hat ebenfalls drei Eingänge und Schwellwert $\theta = 2$. Dies bedeutet, dass Neuron D nur dann ein Signal abgibt, wenn mindestens zwei Eingänge gleichzeitig 'an = 1' sind (2-aus-3 Schaltung).

D(in) = out
1 1 1 1
1 1 0 1
1 0 1 1
0 1 1 1
1 0 0 0
0 1 0 0
0 0 1 0
0 0 0 0

Strukturell sind also Neuron B und D gleichwertig.

Ein Simulationsmodell dieses kleinen Netzwerkes als ein Modell mit der OKSIMO-Software (siehe [203]) zeigt das folgende Schaubild 4.19:

Figure 4.19: McCulloch-Pitts Netzwerk mit vier Neuronen und einer Konstanten
\includegraphics[width=2.5in]{mcp_cc_exampl1.eps}

Das Interessante an diesem einfachen Modell ist, dass die einzelnen Neuronen ein 'festes' Verhalten zeigen (wiedergegeben in den Tabellen), dass aber das Netzwerk als Ganzes eine Dynamik zeigt, die sich aus den einzelnen Neuronen nicht herleiten lässt. M.a.W. schon dieses kleine Netzwerk ermöglicht ein emergentes Phänomen in Form einer Verhaltensänderung, die wiederum genau dem entspricht, was als klassisches Konditionieren beschrieben wird, also einer einfachen Form des Lernens. Dies wird dadurch ermöglicht, dass das Neuron D im Gesamtzusammenhang des Netzes als 'Gedächtnis' wirkt, d.h. Neuron D 'merkt' sich das Auftreten eines speziellen Ereignisses und stellt diese 'Erinnerung' in form eines eigenen Signales zur Verfügung. Dieses 'Erinnerungssignal' überlagert die anderen Signale und ermöglicht damit ein neues Verhalten, das sich dieses Metasignal der Erinnerung zunutze macht.

Um dies sehen zu können, muss man sich klar machen, wie denn überhaupt diese Struktur 'arbeitet'. Bevor wir hier die formale Struktur ausarbeiten, erst ein informelles beispiel.

Gerd Doeben-Henisch 2010-12-16