Wichtige Wissenschaftliche Disziplinen

Aus diesen Grundannahmen ergibt sich, dass die Konstruktion der technischen Systemen mit dynamischem Wissen unter Einbeziehung des notwendigen empirischen Wissens vorgenommen werden soll. Ein grober Überblick über die wichtigsten Disziplinen, die konsultiert werden sollen, findet sich im Schaubild 2.1.

Figure 2.1: Wissenschaftlicher Kontext zu Dynamischem Wissen
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Im Zentrum des Geschehens steht der Agent, der Reize (Stimuli, S) aus seiner Umgebung empfangen kann, der mit seinen Aktoren/ Effektoren auf diese Umgebung einwirken (reagieren, Response, R) kann, der grundsätzlich in der Lage sein sollte, ausgehend von Anfangs-/ Startsituationen solche Zielsituationen (Lösungen, Goal) erreichen zu können, die für den Agenten günstig/ gut sind. Im Normalfall ist der Agent ein biologisches System (Tier, Mensch); in technisierten Gesellschaften kann der Agent auch ein technisches System sein, das über gewisse Problemlösungsfäfigkeiten verfügt.

Ein biologischer Agent besitzt einen Körper (Body, B) mit einer hochkomplexen inneren Organisation; darin u.a. ein Nervensystem mit einem Gehirn (Brain, N); von menschlichen Systemen ist ferner bekannt, dass sie über ein Selbstbewusstsein (Consciousness) verfügen. Das Selbstbewusstsein gehört zur 'Selbstwahrnehmung' des Gehirns. Im Rahmen der Philosophie (Philosophy), insbesondere im Rahmen der Teildisziplin Phänomenologie (Phenomenology) nennt man die Inhalte des Selbstbewusstseins Phänomene (Phenomena, P).

Das Gehirn und das Nervensystem werden heutzutage von den Gehirn-/Neurowissenschaften (Neurophysiology) untersucht, die eine Teildisziplin der Physiologie (Physiology) darstellen. Die Physiologie untersucht den gesamten menschlichen Körper. Das beobachtbare Verhalten (Stimuli, S; Responses, R) des Agenten in Abhängigkeit von Umweltfaktoren und agenteninternen Faktoren untersucht traditionellerweise die Psychologie (Psychology). Man kann die Psychologie als Teildisziplinen übergreifender Disziplinen wie z.B. der Kulturwissenschaft (cultural science), der Anthropologie (anthropology) oder der Soziologie (sociology) sehen.

Eine Beziehung zur Biologie (Biology) gibt es auch, insofern die Biologie biologische Systeme auch im Kontext der jeweiligen Populationen und deren phylogenetischer Entwicklung untersucht. Die Entwicklung der biologischen Verhaltenswissenschaften (Ethologie, engl.: Ethology) hat zu zusätzlichen Überlappungen mit der Psychologie geführt.

Zu erwähnen ist auch noch die Semiotik (Semiotics), die als allgemeine Wissenschaft von den Zeichen das Verhalten von biologischen Systemen untersucht, insofern unter ihren Stimuli und Responses Zeichen (signs) zum Zwecke der Kommunikation auftreten. Methodisch kann man die Semiotik sowohl der Phänomenologie und damit der Philosophie zuordnen, aber auch den Verhaltenswissenschaften, insbesondere der Psychologie (Sprachpsychologie; engl.: Psychology of Language). Aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung einer geeigneten Terminologie im Bereich der Semiotik werden wir die Semiotik hier als eigenständige Disziplin betrachten und uns ihre Ergebnisse nach Bedarf zunutze machen.

Gerd Doeben-Henisch 2010-12-16