Der Wirklichkeitsausschnitt von McCulloch und Pitts

McCulloch und Pitts beschreiben zu Beginn ihrer Theorie den Wirklichkeitsausschnitt Gehirn mit folgenden allgemeinen Annahmen (Postulaten, Axiomen):

  1. Das Nervensystem ist ist ein Netzwerk bestehend aus Neuronen und Verbindungen zwischen diesen Neuronen.
  2. Die Verbindungen zwischen Neuronen heissen Synapsen.
  3. Synapsen werden auf der einen Seite durch das Endstück eines Axons und auf der anderen Seite durch eine Membran auf der Oberfläche des Neuronkörpers (:= Soma) gebildet.
  4. Jedes Neuron hat genau ein Axon, das aus dem Zellkörper heraustritt. An seinen Enden kann sich das Axon allerdings verzweigen.
  5. Zu jedem Zeitpunkt i hat ein Neuron einen festen Schwellwert, der überschritten werden muss, damit das Neuron eine Aktion zeigt, die auf seinem Axon als ein Signal mit Wert 1 erscheint. Im Falle einer Nicht-Aktion hat das Signal den Wert 0.
  6. Ein erregendes (:= exzitatorisches) Signal an einer Membran wird sogleich über den ganzen Zellkörper (:= Soma) verteilt.
  7. Ein erregendes (exzitatorisches) Signal wandert vom Soma zum Axon und vom Axon zur angrenzenden Membran eines anderen Neurons (oder im Falle einer Rückkoppelung auch zu einer eigenen Membran)
  8. Nur die Erregungen an den Membranen eines Neurons, die sich innerhalb der Periode der latenten Addierung bzw. verborgenen Summation ereignen, können sich zu einer Gesamterregung so summieren, dass möglicherweise der Schwellwert überschritten wird. Die verborgene Summierung stellt ein Zeitintervall dar, das kleiner ist als ein Viertel einer Millisekunde.
  9. Wenn ein Schwellwert während des Zeitintervalls verborgene Summation überschritten wird, dann nimmt er 'sehr schnell' einen Maximalwert an, der dann in einem nachfolgenden Zeitintervall 'langsam' wieder absinkt, bis die Membran neu auf eine ankommende Erregung reagieren kann. Die Phase zwischen aktueller Erregung und neuer Erregungsfähigkeit wird als Refraktionszeit bezeichnet. Sie ist bedingt modifizierbar.
  10. Die Aktivität eines Neurons ist ein Alles-oder-Nichts-Prozess, d.h. entweder ist ein Signal da (:= 1) oder nicht da (:= 0)
  11. Damit ein Neuron aktiviert werden kann, muss eine spezifische Anzahl von Synapsen während des Zeitraums der verborgenen Addition aktiviert werden. Diese Anzahl ist unabhängig von der Position der Synapsen und unabhängig davon, welche Aktivitäten vorausgegangen sind.
  12. Die einzige wichtige Art von Verzögerung innerhalb eines neuronalen Netzes ist diejenige Verzögerung, die durch Synapsen bewirkt wird.
  13. Eine einzige Synapse mit inhibitorischer Aktivität (:= Hemmung) reicht aus, um die exzitatorischen (:= anregenden) Aktivitäten aller anderen Synapsen zu neutralisieren.
  14. Die Struktur eines neuronalen Netzes ändert sich über die Zeit nicht.

Gerd Doeben-Henisch 2010-12-16