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IT-Forschung 2006

Förderprogramm Informations- und Kommunikationstechnik

3. Neuausrichtung der Forschungsförderung

Die hohe Dynamik der Informations- und Kommunikationstechnik bewirkt schnelle Innovationszyklen und bedingte Berechenbarkeit sowohl der technischen als auch der wirtschaftlichen Entwicklung. Auch die gesellschaftlichen Auswirkungen sind nur schwer vorherzusehen. Die Zeitskalen, auf denen sich technische Entwicklungen aber auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen vollziehen, sind deutlich kürzer als politische Reaktionszeiten. An erster Stelle gefordert ist daher eine Politik, die Anpassungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit fördert. Das hat insbesondere Konsequenzen für eine moderne Forschungsförderung.

Die klassischen Förderprogramme und -verfahren sind für das Internetzeitalter nur noch bedingt tauglich. Die Innovationsprozesse und das Marktgeschehen sind oft schneller als die Reaktionszeiten der bisherigen Programmplanungen. Die Forschungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im IT-Bereich soll daher grundlegend reformiert und diesen Gegebenheiten angepasst werden.

In kaum einem anderen Bereich ist die Internationalisierung der Forschung so weit fortgeschritten wie auf dem Gebiet der Informationstechnik, eine vergleichbare internationale Vernetzung findet man nur noch bei den Naturwissenschaften. Die Forschungsthemen der Zukunft werden auf diesem Gebiet nicht allein in nationalen Gremien, sondern auf internationalen Kongressen, Workshops und in zahlreichen bi- und multilateralen Fachgesprächen innerhalb der "Community", aber auch weltweit öffentlich diskutiert.

Die Schwerpunktthemen der verschiedenen nationalen und internationalen Forschungsprogramme unterscheiden sich folgerichtig nur wenig voneinander. Thematisch gleich ausgerichtete Programme sind aber bekanntermaßen nicht gleich erfolgreich. Neben dem "Was" entscheidet das "Wie" wesentlich über den Erfolg eines Programms.

Attraktive Forschung braucht zuallererst wissenschaftliche Freiräume und flexible Infrastrukturen. Statt enger methodischer und thematischer Fokussierung muss bei der IT-Forschung der Wettbewerb der Ideen und der Forschungsteams im Vordergrund stehen. Unabdingbare Kriterien für die Projektauswahl sind die Qualität des Projektes und die Kompetenz des Teams. Dabei gilt allgemein der Grundsatz: Köpfe statt Institutionen fördern. Dazu gehören aber auch die Bereitschaft, Cluster und Netzwerke, die sich bilden, zu unterstützen und der Mut, daraus resultierende regionale Schwerpunktsbildung zuzulassen.

Eine moderne, an die dynamische Entwicklung im IT-Bereich angepasste Projektförderung muss sich vor diesem Hintergrund an folgenden Leitlinien orientieren:

Darüber hinaus werden für das neue IT-Programm folgende Punkte als prioritär eingestuft:
Neuausrichtung der außeruniversitären Forschung

FhG/GMD-Fusion
Neue Programme benötigen auch neue Strukturen der Forschungslandschaft. Mit der Zusammenführung der IT-spezifischen Forschergruppen der Fraunhofer-Gesellschaft und der GMD-Forschungszentrum Informationstechnik GmbH wurde mit über 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem jährlichen Finanzvolumen von über 200 Mio. Euro die größte europäische Forschungsorganisation im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik geschaffen. Sie trägt zu einer Konzentration und Stärkung der staatlich geförderten Forschung in der Informations- und Kommunikationstechnik bei und wird der bisher zu schwachen Forschungsbasis bei internet-spezifischen Themen neue Impulse verleihen.

Mit diesem Schritt hat die Bundesregierung die Vorraussetzungen geschaffen, dass Deutschland in der IT-Forschung an der Weltspitze agieren kann. In der erweiterten FhG ist ein einzigartiger Forschungsraum für die Informations- und Kommunikationstechnik in Deutschland entstanden. In der nun größten IT-Forschungsorganisation in Europa wurden die Stärken und Kompetenzen beider Einrichtungen erfolgbringend miteinander verbunden. Das ist auf der einen Seite die konsequente Marktorientierung der FhG und auf der anderen Seite die Kompetenz der GMD in der Grundlagenforschung.

FhG und GMD bündeln ihre Kräfte auf einem Gebiet, das auch in den nächsten Jahrzehnten starke Wachstumsimpulse für die Weltwirtschaft erwarten lässt. Die Fusion von GMD und FhG leistet daher einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung und zum weiteren Aufbau zukunftsfähiger Arbeitsplätze in Deutschland.

Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik (HHI)
Um den zukünftigen Anforderungen und Maßstäben an IKT-Entwicklungen zu genügen, müssen die Forschungsgebiete der Hard- und Softwaretechnologie künftig enger zusammengefasst werden. Im HHI sind alle wesentlichen IKT-Bereiche von der Anwendung über die Systemtechnik für Fest- und Mobilnetze bis hin zu den Komponenten als Forschungsschwerpunkte vertreten. Diesen Schwerpunkten entsprechen Hard- und Softwarearbeiten sowie auf den Nutzer bezogene (Human-Factors)-Arbeiten. Vor diesem Hintergrund bedeutet die geplante Integration des HHI in die FhG eine weitere Stärkung der IKT-Forschung in Deutschland.

Helmholz-Gemeinschaft (HGF)
Neu gestaltet wird auch die Förderung der Helmholz-Gemeinschaft (HGF). Erhielten die HGF-Zentren bisher eine an den Kosten vorhandener Kapazitäten orientierte Grundfinanzierung, so werden die Mittel in Zukunft themen- und zielorientiert im Wettbewerb zwischen den Zentren vergeben. Vom HGF-Senat berufene, international besetzte Gutachterkommissionen werden künftig die von den Zentren aufgestellten Programme und Projekte fachlich bewerten. Dieses neue System der Programmförderung wird schrittweise ab 2003 eingeführt. Insbesondere die beiden Forschungszentren Jülich (Schwerpunkte: neue Bauelemente auf der Basis von Halbleitern und Supraleitern, Materialien und Schichtsysteme für Informationsspeicher, wissenschaftliches Höchstleistungsrechnen, elektronische Kommunikationsnetze) und Karlsruhe (Schwerpunkt Mikrosystemtechnik) sind im IT-Bereich aktiv.


Internationale Zusammenarbeit
In Zeiten globalisierter Märkte ist eine zunehmende Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung notwendig. Die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Forschung flankiert die intensiven Wirtschaftsbeziehungen deutscher Unternehmen zum Ausland. Sie steigert durch FuE-Kooperationen und die dadurch bewirkte Präsenz und Sichtbarkeit deutscher Wissenschaft und Forschung die Attraktivität des Produktions- und Forschungsstandorts Deutschland, wodurch Anreize für Investitionen aus dem Ausland geschaffen werden. Damit leistet sie einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Eine weiter verstärkte Internationalisierung der Forschung im IKT-Bereich und dessen Anwendungen soll der Funktion dieses Forschungsbereichs als Motor für die IKT-Wirtschaft - einer Branche mit enormen Wachstumspotenzial in der Zukunft - weitere Leistungspotenziale entlocken, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen IKT-Wirtschaft auf dem Weltmarkt zu steigern. Sie kann sowohl einen konkreten Beitrag (z.B. Ausbau der Wissenschaftsnetze) hierzu leisten, als auch einen aktiven Nutzen (z.B. internationale Arbeitsteilung zur Bewältigung technologischer Herausforderungen) daraus ziehen.

Die für die internationale Zusammenarbeit zur Verfügung stehenden Instrumente reichen von dem innerhalb der EU initiierten EU-Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Innovation - mit dem politischen Ziel, einen "Europäischen Forschungsraum" zu gestalten, über die multilateralen Kooperationsrahmen EUREKA, COST und OECD bis zu den bilateralen Kooperationen - sowohl auf Basis jeweiliger Abkommen für die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (WTZ) als auch ohne formelle zwischenstaatliche Abkommen (z.B. im Rahmen bilateraler Konsultationen, der Förderung bilateraler Projekte, der Errichtung gemeinsamer bzw. ausländischer Einrichtungen / Institute).

Die beabsichtigte stärkere strategische Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der IKT-Forschung und deren Anwendungen erfordert einen differenzierten Einsatz dieser Instrumente und somit eine - von der jeweiligen FuE-Aufgabenstellung abhängige - unterschiedliche Herangehensweise. Neben einer von Forschungseinrichtungen und Wirtschaft getragenen Verankerung der wissenschaflich-technologischen Zusammenarbeit, ist es für den Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland entscheidend, mit den besten Partnern weltweit zusammenzuarbeiten und aktiver Teil internationaler Excellenznetzwerke zu sein.

Insbesondere in wissensgestützten Industriebranchen wie der IKT bedarf es heute vor allem einer verstärkten Fokussierung auf bi- oder multilateral getragene strategische Projekte, die zielorientiert Kräfte bündeln, und auf eine arbeitsteilige Ergebnisverwertung ausgerichtet sind. Die damit bewirkte Schaffung von Strukturen im Sinne "kritischer Massen" die den zahlreichen, auch - insbesondere im Vergleich mit der Unternehmensstruktur in den USA - kleinen Unternehmen in diesem Sektor helfen, einen erreichten Vorsprung im Wettlauf um die Zukunftstechnologien zu sichern, ist ein wesentliches strategisches Element. Diese internationale Zusammenarbeit muss letztlich jedoch von den europäischen und nationalen forschungs- und wirtschaftspolitischen Zielen bestimmt sein.

Eine wichtige Rolle, vor allem im Software- und Internetbereich spielen Kooperationen mit dem Ziel, gemeinsam Standards zu entwickeln. Nur wer erfolgreich FuE betreibt, kann in dem sich schnell entwickelnden IKT-Markt Standards beeinflussen und setzen. Nationale Alleingänge sind in Europa schon allein aufgrund der kleinen Binnenmärkte wenig erfolgversprechend.

Im Rahmen von EUREKA gibt es hierfür mit MEDEA+ und ITEA erste Ansätze, durch "Umbrella" bzw. Cluster-Projekte eine solche Bündelung nationaler FuE - Anstrengungen der einzelnen Partner zu erreichen. Dies gilt es weiter auszubauen. Die mit dem 6. EU-Forschungsrahmenprogramm eingeführten sog. "integrierten Projekte" sind ein geeignetes Instrument die eingangs als Ziel beschriebene stärkere strategische internationale Ausrichtung der IKT-Forschung weiter zu befördern. Es gilt den Vorteil, den Deutschland aufgrund seiner - auf vernetzte, interdisziplinäre Zusammenarbeit in Projekten ausgerichtete - Förderstrukturen hat, für eine stärkere strategische Orientierung der europäischen Forschung im IKT-Bereich zu nutzen. Dazu gehört auch die Bereitschaft deutscher Unternehmen und Forschungseinrichtungen innerhalb der europäischen Projekte häufiger die Federführung zu übernehmen.

Aber auch bilateralen, außereuropäischen Kooperationen kommt eine herausragende strategische Bedeutung zu. Vor allem dort, wo - wie in der Mikroelektronik (z.B. Sematech) - Roadmaps existieren, brauchen wir neben einer Arbeitsteilung in Europa zudem strategische Allianzen mit anderen Wirtschafts- und Forschungsregionen - z.B. mit den USA -, um so die erforderliche kritische Masse zu erzielen und zugleich Zugang zu Fertigungstiefe und System-Know-how in Breite zu gewinnen und verwerten zu können. Entsprechendes gilt für die internationale Kooperation mit den asiatischen Wachstumsmärkten, wie am Beispiel der Kommunikationstechnik (z.B. bilaterale Kooperation mit China im Bereich Mobilfunk) offensichtlich wird.

Die Ausrichtung von "IT-Forschung 2006" an diesen strategischen Elementen für eine fortschreitende Internationalisierung der IKT-Forschung - sowohl bi- und multilateral als auch im europäischen Kontext - wird dazu beitragen, ausgehend von einer gemeinsamen europäischen Plattform, eine erfolgreiche Umsetzung von Produkten auf den Weltmärkten zu realisieren und es Europa ermöglichen - neben USA - eine führende Rolle in diesem Bereich zu besetzen.

Ein zentrales Instrument im Rahmen dieser "Internationalisierungs"-Strategie ist der Auf- und Ausbau der Forschungsnetze weltweit. Die enormen Anstrengungen der EU-Mitgliedstaaten aufgreifend wird es eine wichtige Herausforderung für das im 6. EU-Forschungsrahmenprogramm verankerte GEANT-Projekt sein, ein leistungsfähiges europäisches Forschungsnetz aufzubauen und mit den weltweit verteilten Forschungsstandorten zu vernetzen, um durch die integrativen Wirkungen einer solchen Infrastruktur die Strategien der internationalen Zusammenarbeit zu befördern.

Nationale Forschungsprogramme können durch internationale Arbeitsteilung viel gewinnen. Das Forschungsprogramm "IT-Forschung 2006" ist offen für eine von Wirtschaft und Forschungseinrichtungen in Deutschland gemeinsam gestaltete und getragene internationale Zusammenarbeit.

Erfolgskriterien
Der Erfolg eines Programms kann im Nachhinein am besten bewertet oder gar "gemessen" werden, wenn zu Beginn nachprüfbare, quantitative Ziele und Bewertungsmaßstäbe festgelegt wurden. So wenig neu diese Erkenntnis auch ist, so gibt es weltweit nur wenige (Forschungs-)Programme, die diesem Anspruch vollständig gerecht werden. Mit dem Aktionsprogramm "Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts" ist der Weg, quantitative Zielmarken zu definieren, zum ersten Mal in einem größeren IT-Programm in Deutschland beschritten worden. Aber auch dort zeigte es sich, dass im Bereich der Forschung sinnvolle Zieldefinitionen, die über technische Parameter (z.B. die Entwicklung rein optischer Netzwerke bis 2005) hinaus gehen und Grundlage für eine aussagekräftige "Erfolgsmessung" sein könnten, nur schwer bestimmbar sind. Volkswirtschaftliche Kenngrößen, wie branchenbezogene Umsätze, Anteile am BIP und Beschäftigungsentwicklungen sind zu unspezifisch, zumal sie von zu vielen anderen gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten, aber auch spezifischen, teils nicht vorhersehbaren Marktentwicklungen einzelner Branchen abhängig sind. Auch Patentanmeldungen und die Anzahl von Veröffentlichungen und Zitierungen sagen nur bedingt etwas über die Qualität und vor allem die Umsetzbarkeit von Forschungsergebnissen aus.

Auch bei "IT-Forschung 2006" wird sich die Erfolgsbewertung in diesem Spannungsfeld bewegen müssen. Zur Messung des Erfolges werden daher zunächst primäre Indikatoren wie Anzahl der Patente oder Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen und deren Zitierungen herangezogen, aber auch die Anzahl der Ausgründungen aus den beteiligten Forschungseinrichtungen, sofern sie einzelnen Projekten oder Programmschwerpunkten zuordenbar sind.

Eine fundierte Bewertung kann sich aber nicht allein auf diese Indikatoren stützen. Nur international anerkannte Fachleute, die die weltweite dynamische Entwicklung von Wirtschaft und Forschung kennen, sind letztlich in der Lage, eine - wenn auch nur qualitative - Bewertung von Programmerfolgen vorzunehmen.

In regelmäßigen Evaluationsrunden soll daher im Rahmen von "IT-Forschung 2006" eine aktuelle Standortbestimmung der erreichten Forschungsergebnisse durchgeführt werden, um ein Ranking zu erhalten, das einen internationalen Vergleich ermöglicht. Dazu werden Experten aus dem In- und Ausland, aus Wirtschaft und Forschung mit einbezogen.

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