Discussion
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Reflexionen
Was in diesen kurzen Kommentaren anzuklingen beginnt, das
sind Fragen wie die nach dem 'wahren Menschenbild' und nach der
'Kopierbarkeit' von uns Menschen, sei es durch 'Nachbauten', sei
es durch 'Umbauten', wie auch immer.
Im historischen
Kontext menschlicher Kultur, der Evolution irdischen Lebens, der
Erde, unseres Sonnensystems, unserer Galaxie, des Weltalls ist das
Thema der 'Selbstveränderung des Lebens unter 'bewusster
Kontrolle des Lebens selbst'' ganz 'frisch': gemessen an den
ungeheuerlichen Zeiträumen, die es gebraucht hat, dass es
solche Lebensformen wie die des Menschen überhaupt gibt (ca.
10 - 15 Mrd Jahre!), nehmen sich die letzten ca. 100 Jahre der
Entwicklung menschlicher Wissenschaft und Technologie geradezu
unausdrückbar kurz aus.
Das Bild der Welt, des
Lebens, des Menschen, existiert nicht losgelöst vom Menschen
selbst: alle Wirklichkeitssichten, die von Menschen kommuniziert
werden, gründen in Gehirnprozessen von eben diesen Menschen.
Das Gehirn ist Teil eines Körpers und hat als
unterscheidbares 'Organ' keine 'direkte' Berührung mit der
Wirklichkeit 'um den Körper herum'; diese 'Wirklichkeit um
den Körper herum' nennen wir gewöhnlich 'Welt', ohne
letztlich genau zu wissen, was diese Welt ist. Schliesslich
entsteht das 'Bild von der Welt' in einem Gehirn, das von der Welt
nur das erfährt, was spezielle Körperzellen
('Sinneszellen, Sinnesorgan') bzw. diverse Körperzustände
'indirekt' von Zuständen dieser Welt durch einfache Signale
(eine Nervenzelle 'feuert' oder sie 'feuert nicht') übermitteln.
Aus vielen solcher einfachen und isolierten Signale 'baut sich das
Gehirn' ein 'Modell der Welt' 'um sich herum'. Erste Erkenntnisse,
wie das Gehirn dies tut, liegen vor. Aber eine umfassende
Erklärung des Zusammenhangs zwischen den uns introspektiv
zugänglichen Gehirnzuständen und den physiologischen
Prozessen steht noch aus.
Die 'Weltsichten' haben sich im
Laufe der letzten 5000 - 10000 Jahren beständig verändert.
Allerdings gibt es in diesen Weltsichten eine 'Grundstruktur' die
daraus resultiert, dass durch den Bauplan des menschlichen Körpers
bestimmte Erlebnis- und kognitive Verarbeitungsweisen für
alle Menschen 'fest vorprogrammiert' sind: die Art und Weise, wie
wir die umgebende Welt und uns selber als Teil dieser Welt
'erleben' und 'denken' können, ist weitgehend für alle
Menschen vorgegeben, sehr ähnlich, und zunächst nicht
hintergehbar. In einer oft bemühten Metapher kann man sagen,
dass 'wir' in unserem Körper 'gefangen' sind.
Trotz
der wachsenden Einsicht in die Grundlagen der Entstehung und
Funktionsweise von 'Weltbildern' befindet sich der Mensch in einer
fuktionalen Abhängigkeit von seinen eigenen
Weltbeschreibungen: so schlecht auch eine bestimmte
Weltbeschreibung sein kann, ein Mensch kann eine Weltbeschreibung
nur dadurch 'verbessern', indem er eine 'bessere' 'aktiv
konstruiert'. An dieser Stelle ist jeder Mensch nicht unwesentlich
beeinflusst -und damit abhängig- von seiner Umgebung.
In
den letzten 2000 - 3000 Jahre waren die westlichen Kulturen stark
geprägt von einer jüdisch-christlichen
'Weltbeschreibung'. Andere Kulturen stärker durch Islam,
Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus, Hinduismus und vieles mehr.
Diese Modelle weisen in grundlegenden Positionen zum Teil
Übereinstimmungen auf. In den konkreten Ausformungen spiegeln
sie in der Regel die konkreten Lebenssituationen und das begrenzte
Wissen ihrer Entstehungszeit wieder und unterscheiden sich daher
in der Konkretheit ihrer Lehre. Diese konkreten Unterschiede waren
in der Vergangenheit oft genug Anlass, dass die Anhänger der
einen Weltbeschreibung die Anhänger der anderen
Weltbeschreibung angeklagt, verklagt, ausgegrenzt und sogar
verfolgt und getötet haben. In solchen militanten religiösen
Ausprägungen degeneriert das 'Heil der Welt' dann zum
partikularen Interesse einer Minderheit. In der Ausgrenzung der'
jeweils anderen' offenbart sich das allzu menschliche Ansicht
eines postulierten universalen Gottes. Was sich hierin
manifestiert ist nicht der vielbeschworene 'universal Gott'
sondern es sind die Ängste und massiven Egoismen von
Menschen, deren beschränkte Ausstattung an Emotionen,
Gefühlen und Erkenntnisfähigkeit nur solche begrenzten
Interpretationen und dementsprechend kurzsichtige Handlungen
zulassen. Was nützt ein universaler Gott, wenn der konkrete
Mensch in seiner Begrenztheit nicht in der Lage ist, ein solches
universales Heil zu erkennen, geschweige denn umzusetzen. Der
einzelne Mensch ist in diesen Fragen nicht unabhängig von der
ihn umgebenden erfahrbaren Geschichte, von aktiv erlebbaren
sozialen Prozessen, von verfügbarem Wissen.
Das in
den letzten 500, 100, 50, 10 Jahre neu entstandene Wissen im
Bereich des Wirtschaftens und der Wissenschaften macht für
die, die Zugang zu diesem Wissen haben, die Begrenztheit der
sogenannten religiösen Weltbeschreibungen immer deutlicher.
Diese Erkenntnisse vermitteln ein Bild des Kosmos, das zunächst
ganz anders ist als das bislang bekannte. Der Kosmos bekommt -im
grossen wie im kleinen- Dimensionen in Raum und Zeit, die früher
unvorstellbar waren. Er bekommt eine Komplexität und Dynamik,
die das Vorstellungsvermögen von uns Menschen beständig
an seine äussersten 'Grenzen zwingt. Eine einfache
Übertragung der 'alten' religiösen Weltbeschreibungen in
diese neuen Beschreibungen ist nicht ohne weiteres möglich.
Man kann aber auch nicht sagen, dass die neuen Weltbeschreibungen
grundsätzlichen einen Sinn oder 'so etwas wie Gott'
ausschliessen; keineswegs. Nur sind die Anforderungen, die an uns
Menschen gestellt werden, um diese Wirklichkeit zu 'be-greifen' um
Dimensionen grösser als zu früheren Zeiten, in denen ein
'Prophet' sich hinstellen konnte und einfach erzählte, was
'seine innere Stimme' ihm gerade sagte. Dass der 'gleiche
universale Gott' verschiedenen konkreten Menschen an verschiedenen
Orten und zu verschiedenen Zeiten immer etwas anderes erzählt
hat, hat 'Gläubige' selten stutzig gemacht.
Angesichts
der neuzeitlichen Wissensexplosion und die damit einhergehende
'Beunruhigung des Menschen' gewinnt die Metapher vom 'Auszug aus
dem Paradies' wegen des Essens des Apfels der Erkenntnis eine neue
Aktualität. Wissen war schon zu allen Zeiten nicht nur
einfach 'gut' und 'praktisch', sondern auch 'beunruhigend'. Wahres
Wissen stellt bisherige Erfahrungen immer in Frage. Wahres Wissen
ist nicht nur 'gewünschtes' Wissen, sondern transportiert ein
Stück Wirklichkeit jenseits meines eigenen Wollens,
manifestiert das 'wirklich Andere', über das ich keine
Verfügung habe (allerdings kann ich es 'verdrängen',
'ausklammern'). Doch sollten wir 'Paradiese', die nur existieren,
wenn man Wissen unmöglich macht, nicht hofieren.
Der
Prozess der 'Aufhellung' der unbekannten Wirklichkeit durch die
neuzeitlichen Wissens-Generierungs-Aktivitäten gewinnt heute
eine zusätzliche neue Qualität, da nach der Entdeckung
der Relativität aller Weltbilder wegen ihrer Verankerung in
'erlebenden und denkenden Gehirnen' nun die Basis unseres Erlebens
und Denkens selbst , nämlich unser Gehirn mit dem umgebenden
Körper, direkter Ggenstand der Forschung und der
Ingenieurkunst geworden ist. Wir Menschen haben definitiv damit
begonnen, die Maschinerie 'hinter unserem Bewusstsein' zu
untersuchen und nachzubauen. Damit geraten zwangsläufig die
bisherigen Bilder vom Menschen auf den Prüfstand. Wohin dies
führen wird, ist -von heute aus gesehen- der Zukunft
vorbehalten. Bezeichnungen wie 'Ich' und 'Wir' werden ihre
Bedeutungen ändern.
In dem Masse, wie die
Ingenieurskunst unser technologisches Potential bis hinein in den
Bereich 'fühlender und denkender' Strukturen ausweiten wird,
in dem Masse werden sich Fragen nach 'gut' und 'böse',
'lebenswert', 'nicht lebenswert', 'Sinn' etc. mit immer grösserer
Konkretheit stellen. In solch einem Kontext ist auch klar, dass
die anstehenden Fragen nicht dadurch gelöst werden könnten,
dass ein 'Gott' zu den Menschen sprechen würde. Denn, was ein
solcher Gott auch immer sagen würde, wir würden gerade
nur soviel verstehen, wie wir als Menschen zu diesem Zeitpunkt zu
verstehen in der Lage wären. Im Rückblick kann man
sagen, das das, was zu früheren Zeiten verstanden werden
konnte, -von heute aus gesehen- immer sehr begrenzt war. Aus dem
'Sprachproblem Gottes mit den Menschen' folgt allerdings weder,
dass eine 'aktive Beziehung zu Gott' grundsätzlich nicht
möglich ist noch, dass eine solche Beziehung nicht von
grosser konkreter Bedeutung sein kann.
Das, was Kubrick
und Spielberg in ihrem meisterhaften Film A.I. darstellen, ist,
wie man erahnen kann, nur ein winziger Ausschnitt aus einem sehr
grossen Komplex neuer Wirklichkeit, den die Menschen in den
nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten zu bewältigen
haben. Dennoch kann es eine Hilfe sein, das Gespräch zu
diesen Themen in grösserem Kreise zu ermöglichen. Je
mehr wir über die Struktur und die Geschichte des Lebens
erfahren, umso nehr erahnen wir, welche Ungeheuerlichkeit die
schiere Existenz dieser biologischen Lebensform auf dem Planeten
Erde darstellt. Die mathematischen Formeln, die noch in den 50iger
Jahren zuversichtlich das ganze Universum mit brauchbaren
Wahrscheinlichkeiten bevölkert sahen, mussten in den letzten
Jahren aufgrund der neuen Erkenntnisse immer weiter differenziert
werden, soweit, dass heute die Wahrscheinlichkeit dafür, dass
es irgendwo in diesem Universum eine vergleichbare Lebensform
gibt, mittlerweile so extrem gering ist, dass das Wort 'Wunder'
für die blosse Tatsache, dass 'wir' hier auf der Erde so da
sind, wie wir nun mal da sind, mehr als angebracht ist. Wir sind
in der Regel allerdings durch den 'alltäglichen Kampf' so
betäubt, dass wir uns dieser Ungeheuerlichkeit kaum bewusst
sind; wie auch...
Eine der vielen Paradoxien -bedingt
durch die Struktur unserer Erkenntnis- besteht darin, dass wir
'mitten im Himmel' leben könnten, ohne es zu merken.
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