CHAPTER IV: Scientific Description of Reality
4.5. Interpreting Structures
4.5.1B: The Status of Non-Finite Sets





'95-Knowbot

(The english annotations below are only a rough characterization of the content of the german text)





KAPITEL IV: Wissenschaftliche Beschreibung der Wirklichkeit
4.5. Deutende Strukturen
4.5.1B: Der Status nicht-endlicher Mengen




AUTHOR: Gerd Döben-Henisch
COAUTHOR: Joachim Hasebrook
DATE OF FIRST GENERATION: Febr 18, 1998
DATE OF LAST CHANGE: Febr 29, 1998
ADDRESS: INM - Institute for New Media, Frankfurt, Germany
EMAIL: doeb@inm.de
URL: INM
Copyright (c) Gerd Döben-Henisch
STATUS: Work in Progress
COOPERATION: Everybody is invited to share the discussions, to contribute with own ideas. The authors decide whether such contributions are accepted for incorporation in the final version.


    Integers


    Beginnend mit den natürlichen Zahlen, für die nur die Addition und die Multiplikation vollständig erklärt sind, wurden immer weitere Zahlentypen eingeführt, um immer mehr mathematische Operationen möglichst allgemeingültig ausführen zu können. So führte die Erweiterung um die unbeschränkte Subtraktion zur Einführung der ganzen Zahlen [int].

    Eine einzelne ganze Zahl wird dargestellt durch ein geordnetes Paar (a,b) von natürlichen Zahlen a,b aus nat und es wird vereinbart, daß c = (a,b) eine positive ganze Zahl sein soll wenn a nat_größer b ist und eine negative ganze Zahl falls b nat_größer a ist. Gilt a nat_gleich b, dann repräsentiert c ein Nullelement. Da verschiedene konkrete Paare (a,b), (c,d) die gleiche Differenz bilden können, benutzt man nicht einzelne konkrete Paare (a,b) zur Repräsentierung einer ganzen Zahl, sondern immer Äquivalenzklassen jener Paare, die die gleiche Differenz verkörpern. Die Addition ganzer Zahlen c1 = (a,b) und c2 = (c,d) läßt sich dann z.B. einführen durch c1 + c2 = (a+c, b+d), entsprechend c1 - c2 = (a-c, b-d) (Unterstreichung als Markierung von Äquivalenzklassen).


    Integers are countable infinite like the natural numbers


    Die Konstruktion von ganzen Zahlen als geordnete Paare aus natürlichen Zahlen führt weder aus der Abzählbarkeit hinaus noch stellen sich zusätzliche Probleme, wenn man die ganzen Zahlen auf eine Menge von empirischen ganzen Zahlen abbilden will. Sowohl wenn man ganze Zahlen als Paare empirischer natürlicher Zahlen realisieren würde wie auch durch ihre Differenzen mit entsprechenden Vorzeichen würde man ganz analog zu nat10 eine empirische Menge ganzer Zahlen int10 konstruieren können.


    Rational numbers


    Führt man für ganze Zahlen a,b einen neuen Operator dv(a,b) ein, dann läßt sich eine spezielle Äquivalenzrelation definieren: IEQ(div(a,b), div(c,d)) iff b und d int_ungleich 0 und a*c int_gleich b*d. Eine rationale Zahl läßt sich dann gleichsetzen mit einer Äquivalenzklasse div(a,b) und die Menge der rationalen Zahlen [rat] mit der Menge solcher Äquivalenzrelationen. Auch hier kann man wieder Addition, Subtraktion und Multiplikation definieren, zusätzlich noch die Division.


    Rational numbers are still countable infinite


    Auch die Konstruktion rationaler Zahlen führt nicht aus der Abzählbarkeit heraus. Analog den natürlichen und den ganzen Zahlen kann man die rationalen Zahlen ebenfalls auf eine empirische Menge rationaler Zahlen rat10 abbilden. Man konstruiert rationale Zahlen einmal durch die konstruktive Bereitstellung passender natürlicher Zahlen, die man dann nach Bedarf als ganze Zahlen und dann als rationale Zahlen anordnet.


    Real numbers


    Die Menge der rationalen Zahlen erweist sich u.a. bezüglich der Umkehroperation Wurzelziehen root(n,x) zur Exponentiation exp(n,x) als unvollständig. Schon die Griechen kannten das Problem der Bestimmung der Gleichung d^2 = 2 und nannten solche Zahlen irrational, d.h. sie sahen in ihnen Zahlen 'ohne eine rationale Erklärung'.

    Verglichen mit den bisherigen Konstruktionen zur Definition der natürlichen, ganzen und rationalen Zahlen sind die für die Definition der rellen Zahlen benötigten begrifflichen Mittel erheblich aufwendiger. So schreibt Walter FELSCHER [1987] in seinem Buch Naive Mengen und abstrakte Zahlen II. Algebraische und reelle Zahlen: "Von einer Konstruktion zu sprechen ist dabei allerdings nur in einem ganz bestimmten Sinne möglich, der die Vorstellung einer konstruierenden Tätigkeit auf das Äußerste verallgemeinert: Konstruktionswerkzeuge sind dann nicht bloß arithmetisch-algebraische Operationen (...), sondern es bedarf des vollen Einsatzes der Mengenlehre, des generellen (und generalisierten) Gebrauchs Begriffe höherer Ordnung um die Erzeugung der reellen aus den rationalen Zahlen ausdrücken zu können."(p.74)

    Die Grundstruktur des Begriffs der reellen Zahlen soll im Folgenden skizziert werden. Für eine ausführlichere technische Darstellung siehe z.B. Kap. 5 von FELCHER 1978, Bd.II. Siehe auch MESCHKOWSKI in MESCHKOWSKI, Herbert/ LAUGWITZ, Detlef (eds) [1972] Meyers Handbuch über die Mathematik, Kap. I-IV, hier bes. IV.


    Real numbers are ordered, open, dense and conditioned complete


    Ausgangspunkt für die Einführung der reellen Zahlen re sind die rationalen Zahlen rat. Es gilt, daß die rationalen Zahlen geordnet, offen und dicht sind. Daß die rationalen Zahlen geordnet sind besagt, daß eine Ordnungsrelation <_rat definiert ist, die die Eigenschaften der Reflexivität, der Transitivität und der Antisymmetrie erfüllt. Daß sie offen sind besagt, daß sie kein kleinstes und kein größtes Element umfassen. Und sie sind dicht, da zwischen zwei rationalen Zahlen a,b mit a <_rat b sich immer noch eine weitere rationale Zahl c mit z.B. c = 1/2(a+b) findet.

    Ein offener Anfang in einer so bestimmten Menge von rationalen Zahlen heiße dann eine reelle Zahl. Ist q eine rationale Zahl aus rat, dann ist der durch q bestimmte offene Anfang die Menge aller rationalen Zahlen, die kleiner als q sind und für die es kein oberstes Element gibt.

    Für die Menge der so bestimmten reellen Zahlen re gilt dann, daß sie geordnet ist, offen, dicht und bedingt vollständig. Als Ordnungsrelation dient die echte Teilmengenrelation c, denn für zwei reelle Zahlen r, r' gilt, daß sie entweder re_gleich sind oder r c r' oder r' c r. Da es auch keine ersten oder letzten Elemente gibt, ist re offen. Sie sind auch dicht, da sich analog zu den rationalen Zahlen entsprechende Anfänge angeben lassen. Schließlich sind sie bedingt vollständig. Letzteres besagt, daß eine beliebige auf ein s beschränkte nicht leere Teilmenge T von re eine kleinste obere Schranke besitzt (Supremum von T), die durch t = U(T) gegeben ist.


    Are real numbers not countable any more?


    Diese Einführung der reellen Zahlen (für andere Versionen sihe z.B. FELSCHER 1978 II) hat zur Folge, daß sie nichtkonstruktive Elemente enthalten.

    Bindet man den Begriff des Abzählens an einen induktiven Erzeugungsprozeß, wie er auch für die Konstruktion der natürlichen Zahlen nat (und n10) benutzt wurde, dann erweisen sich die reellen Zahlen auf den ersten Blick als nicht abzählbar. Eine Weise, dies zu verdeutlichen, macht Gebrauch von der Tatsache, daß man jede reelle Zahl als einen unendlichen Dezimalbruch der Art n.z_1 ... z_m (n eine natürliche Zahl und z_i Ziffern aus {0,...,9} darstellen kann. Denkt man sich alle reelle Zahlen größer 0 und kleiner_gleich 1 untereinander geschrieben, so kann man in Anwendung des Cantorschen Diagonalverfahrens (sie z.B. FRAENKEL 1927:8ff) argumentieren, daß diese Liste mindestens eine der denkbaren möglichen reellen Zahlen nicht enthält.


    Real numbers are totally sign-dependent


    Diese Konstruktion ist möglich, da sich keine der reellen Zahlen dieser Liste konkret angeben läßt! Man kann für beliebige zwei reelle Zahlen r und r' dieser Liste immer nur theoretisch fordern, daß sie sich an mindestens einer Stelle unterscheiden sollen, man kann aber in keinem Fall angeben, welches diese Stelle sein soll. Darin zeigt sich, daß sich die einzelnen reellen Zahlen einer konstruktiven Redeweise wie im Fall der natürlichen, ganzen und rationalen Zahlen entziehen. Das einzig Konkrete an einer bestimmten reellen Zahl r ist ihre Bezugnahme auf einer rationale Zahl q relativ zu der die Menge ihrer Elemente durch eine Ordnungsrelation x <_rat q abstrakt bestimmt wird. Nennen wir die reelle Zahl, die relativ zu einer rationalen Zahl q bestimmt ist, r_q.

    Da die Elemente einer reellen Zahl r_q Mengen sind, kann man die große Vereinigung U(r_q) bilden. Nach den Axiomen der Mengenlehre gibt es dann ein t = B>U(r_q). Man kann zeigen, daß dieses t wieder eine reelle Zahl ist. Entsprechend kann man weitere Operationen auf den Elementen einer reellen Zahl (oder auch von mehreren reellen Zahlen) ausführen, die wieder zu reellen Zahlen führen. Die so entstehenden reellen Zahlen haben nur noch durch die verwendeten Operationen und die zugehörigen Erzeugungsketten einen Zusammenhang mit konstruktiv aufweisbaren rationalen Zahlen. Allen diesen so erzeugbaren reellen Zahlen gemeinsam ist die Eigenschaft, daß sie sich in keiner Weise konkret hinschreiben lassen, da jede Notation als Dezimalbruch immer nur eine endliche Notation sein kann, die keine Entsprechung zur theoretisch definierten reellen Zahl hat.

    Das Reden über reelle Zahlen hängt amit entscheidend an den sie repräsentierenden Zeichen und den syntaktischen Regeln des Gebrauchs dieser Zeichen.

    Bedenkt man nun, daß endliche Systeme (nach Voraussetzung ist auch der Mathematiker ein endliches System) nur über aktual endlich viele verschiedene aber prozessural beliebig erweiterbare Zeichenkombinationen verfügt, dann legt sich hier die folgende Arbeitshypothese nahe:

    (ET-AH-REZAHL:) Entweder kann man mit ausführbar unendlich vielen Zeichen alles das sagen, was für die Menge der reellen Zahlen wesentlich ist, oder aber die reellen Zahlen lassen sich nur unvollständig beschreiben. Im Letzteren Fall ist schwer zu sehen, was dann überhaupt der Begriff der reellen Zahlen besagen soll, da er nur in Form zeichenabhängiger Definitionen und Operationen gegeben ist.


    Computing numbers with computers


    Computer sind per definitionem endliche Systeme, die anhand endlicher Anweisungen endliche Objekte bearbeiten. Sie stellen von daher einen idealen Testfall für den konstruktiven oder eben nicht-konstruktiven Charakter der Mathematik dar.

    Zur Arbeitsweise des numerischen Rechnens siehe einleitend z.B. ÜBERHUBER, C. [1997], Numerisches Rechnen, ergänzend SCHEID, Francis[1979], Numerische Analysis. Theorie und Anwendung oder LOCHER, Franz [1978], Einführung in die numerische Mathematik. Für das symbolische Rechnen siehe z.B. BUCHBEGER, B. [1997], Symbolisches Rechnen.


    Numerical Computations


    Im numerischen Rechnen versucht man eher pragmatisch Algorithmen zu finden, die trotz Beschränkung auf rationale Zahlen einer bestimmten Größe die Behandlung von mathematischen Problemen in einem Rechner durch geschickte Näherungen erlaubt. Aufgrund des nichtkonstruktiven Charakters der reellen Zahlen ist solch ein vorgehen per se unbefriedigend.


    Symbolic Computations as preview for a semiotic algorithmic Mathematics


    Philosophisch interessanter erscheint hingegen der Ansatz des symbolischen Rechnens. Hier versucht man die mathematischen Strukturen durch Simulation der die Zahlen repräsentierenden Symbole nachzuvollziehen (so BUCHBERGER 1997:800).

    Zwar ist auch dieses Vorgehen mit Grenzen behaftet, wenn ET-AH-REZAHL negativ ist, aber diese Begrenzung wäre dann diejenige Begrenzung, die dem menschlichen Denken generell eignen würde. Anders ausgedrückt, soweit sich mit Hilfe von Zeichen überhaupt mathematische Objekte beschreiben und sich mit ihnen operieren lassen, soweit könnte dann im Prinzip ein symbolischer Ansatz mittels computergestützter Berechnungen kommen. Der Ansatz des symbolischen Rechnens impliziert damit direkt eine entsprechende semiotische und auch erkenntnistheoretische Rahmentheorie als Grundlage für eine zeichenbasierte algorithmische Mathematik.



    INHALT