CHAPTER I: The Goal of this Book


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(The english annotations below are only a rough characterization of the content of the german text)



KAPITEL I: Das Ziel dieses Buches



AUTHOR: Gerd Döben-Henisch
COAUTHOR: Joachim Hasebrook
DATE OF FIRST GENERATION: Jan 7, 1998
DATE OF LAST CHANGE: Jan 26, 1998
ADDRESS: INM - Institute for New Media, Frankfurt, Germany
EMAIL: doeb@inm.de
URL: INM
Copyright (c) Gerd Döben-Henisch
STATUS: Work in Progress
COOPERATION: Everybody is invited to share the discussions, to contribute with own ideas. The authors decide whether such contributions are accepted for incorporation in the final version.


Show how artificial structures are able to mimick principially the human ability to learn and to practice languages.


Dieses Buch hat ein klares Ziel. Es soll an einem konkreten Beispiel aufzeigen, daß 'künstliche Strukturen' in der Lage sind, das 'menschliche Sprachverhalten' 'prinzipiell' nachzubilden.


With artificial structures we mean here programs which can run on a computer. These will in a first step not be 1-to-1 copies of real humans but highly idealized principal models.


Mit künstlichen Strukturen sind hier Computerprogramme gemeint, die auf einem Computer zur Ausführung gebracht werden können. Das Adjektiv prinzipiell soll ausdrücken, daß es sich hier - noch nicht - um eine 1-zu-1 Abbildung eines konkreten Menschen handelt, sondern um ein idealisiertes, abstraktes Modell, das demonstrieren soll, daß dies überhaupt möglich ist.


With human language behavior we mean everything which belongs to language learning as well as context sensitive language practicing.


Mit menschlichem Sprachverhalten sollen alle jene Verhaltensweisen und zugehörige innere Dispositionen gemeint sein, die im Kontext von Spracherwerb sowie kontextbezogenem Sprachverstehen und Sprechen auftreten.


More than pure Artificial Intelligence. Revealing the methodological connection between software and human reality.
Wenn man bedenkt, daß es zum gegenwärtigen Zeitpunkt weltweit noch kein Computerprogramm gibt, das diesen Anspruch auch nur annähernd einlöst, ist dieses Ziel sehr hoch gegriffen. Doch die Zielsetzung dieses Buches ist noch weitreichender; es soll hier nicht 'nur' um ein Stück 'künstlicher Intelligenz' gehen, nicht um ein 'bloßes' Stück Software. Vielmehr soll ausdrücklich auch ein methodischer Zusammenhang hergestellt werden zwischen dem Code der Software und der Realität des Menschen, ein Zusammenhang, der die idealisierte Struktur als 'nicht beliebig' ausweist. Es soll deutlich gemacht werden, daß das idealisierte Modell die bewußten und unbewußten Strukturen des Menschen so repräsentiert, daß das Modell als ein interessanter wissenschaftlicher Kandidat für eine ganze Familie von Modellen gelten kann, die langfristig als 'strukturerhaltende' Abbildungen der tatsächlichen menschlichen Realität im Bereich adaptivem Weltverstehen und adaptiver Sprachkompetenz fungieren können.


Reflecting the general possibilities of the construction of 'adequate' abstract models
Der Aufweis eines verbindlichen methodischen Zusammenhanges zwischen der Realität des Menschen und einem idealisierten Modell konkretisiert in einem Stück Software erzwingt eine Reflexion über die Möglichkeit einer abstrakten Modellbildung überhaupt. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Gruppe von Menschen 'vernünftigerweise' behaupten kann, daß ein bestimmtes Stück Software in 'verbindlicher' Weise eine bestimmte 'vorgegebene Realität' unter 'bestimmten Rücksichten' 'adäquat' 'abbildet'?


More than mere softwareengineering: entering the realm of metascience of science and epistemology
Solche Fragen berühren die methodischen Grundlagen des Softwareengineerings, aber nicht nur. Eine nähere Analyse zeigt, daß sie in den allgemeinen Problemkontext von 'wissenschaftlichen Weltbeschreibungen' überhaupt hineinreichen. Dies ist die Domäne der Wissenschaftstheorie wenn nicht gar der Erkenntnistheorie als der allgemeinsten Fragestellung das 'Wissen des Wissens' betreffend.


The overwhelming presuppositions of any single cognitive action cannot be analyzed at once. A stepwise analysis starting with the available everyday language will be chosen. This will end up in a concret formal model of a 'language capable machine'.
Diese erkenntnistheoretischen und wissenschaftstheoretischen Rekonstruktionen finden nicht im luftleeren Raum statt. Während jedem Schritt benutzen sie schon 'vorhandenes Wissen', insbesondere auch 'Sprache', dies eingebettet in Handlungskontexte. Ein gleichzeitiger Aufweis aller beteiligter Faktoren einschließlich ihrer wechselseitigen Abhängigkeiten ist aus praktischen Gründen ausgeschlossen. Hier zeigt sich ein grundsätzliches erkenntnistheoretisches Dilemma. Es wird hier nicht versucht werden, diese vorausgesetzte Sprache selbst nochmals zu 'begründen', wie dies z.B. im Rahmen des Erlanger (linguistischen) Konstruktivismus versucht wurde (siehe dazu z.B. (KAMLAH, Wilhelm/ LORENZEN, Paul (1973), Logische Propädeutik), (LORENZEN, Paul (1974), Konstruktive Wissenschaftstheorie), (LORENZEN, Paul/ SCHWEMMER, Oswald (1973), Konstruktive Logik, Ethik und Wissenschaftstheorie)). Die im folgenden gewählte pragmatische Lösung besteht darin, die beteiligten Faktoren und wechselseitigen Abhängigkeiten unter 'naiver' Verwendung der vorhandenen Alltagssprache 'isoliert voneinander' zu analysieren und die wirkenden Interdependenzen im Nacheinander der Darstellung 'implizit' zu thematisieren. In dem dabei erfolgendem schrittweisen Aufbau eines idealisierten sprachfähigen Modells wird es dann aber eine Art von 'indirekter' Begründung dadurch geben, daß dieses Modell Funktionen von Sprache in neuer Weise 'sichtbar' machen wird. Die wissenschaftliche wie die philosophische Diskussion über Sprache und ihre Verpflechtung mit den übrigen kognitiven Funktionen kann damit in eine neue Phase eintreten, in die Phase einer computergestützten analytischen Transzendental-Philosophie , in der sich alle klassischen Themen der Philosophie neu verhandeln lassen.


Besides the methodological reconstruction there is the task of empirical analysis of behavior, physiological processes and, especially, the analysis of the subjective experience in connection with physiological processes.
Der Aufweis eines methodischen Zusammenhanges betrifft jedoch nur eine Seite des zu lösenden Problems. Innerhalb der methodisch abgesteckten Räume sollen ja konkrete Strukturen der menschlichen Realität in ein idealisiertes abstraktes Modell übersetzt werden. Dies erzwingt die Auseinandersetzung mit empirischen Fragen des äußerlich beobachbaren Verhaltens, von zugrundeliegenden physiologischen Prozessen wie auch, und das ist ein besonderes Kennzeichen dieses Projektes, mit Fragen des subjektiven Erlebens und seiner Wechselwirkung mit physiologischen Vorgängen. Disziplinen wie die Biologie, die Physiologie, die Psychologie, die Neuropsychologie und die Phänomenologie sind hier einschlägig. Dies ergänzt durch Spezialdisziplinen wie z.B. der Phonetik und der Linguistik.


The target is not an exhaustive theory or model but a prototype which can serve as a basis for an interdisciplinary dialogue.
Natürlich ist es bei dem gegenwärtigen Wissensstand praktisch unmöglich, alle hier einschlägigen Aspekte angemessen zu behandeln. Was aber getan werden kann und was hier versucht werden soll, ist die Formulierung eines prototypischen Modells, das allen interessierten Wissenschaftlern die Möglichkeit bietet, ihr Spezialwissen Schritt für Schritt zu integrieren. Die Ausführungen dieses Buches kann man von daher als ein interdisziplinäres Angebot verstehen, innerhalb eines neuartigen wissenschaftlichen Paradigmas die ungeheure Fülle einzelwissenschaftlicher Details versuchsweise neu zu organisieren.


The central theme of the prototype is to exhibit, how artificial structures can develop 'from nothing' the concept of a sign without the aid of humans, furthermore, how this originally purely individual sign-concept will be socially coordinated and will generate the 'phenomenon of a language'.


Das zentrale Thema des im Folgenden vorgestellten Prototyps eines adaptiven bewußtseinsbasierten sprachlernden Modells ist der Aufweis, wie künstliche Strukturen prinzipiell in der Lage sein können, ohne menschliche Hilfe das Konzept des 'Zeichens' 'aus dem Nichts heraus' zu entwickeln. Insbesondere wird gezeigt werden, wie eine Population solcher künstlicher Strukturen das zunächst rein 'individuell' verfügbare Zeichenkonzept durch wechselseitiges Verhalten in ein 'intersubjektiv koordiniertes Zeichensystem (Sprache)' überführen kann. Gleichzeitig sind diese Strukturen auch in der Lage, sich dem menschlichen Zeichengebrauch 'von sich aus' anzupassen.


From the point of view of metascience of science it will be shown, how in this context Semiotics can help as a general science of signs.
Aus Anlaß des Zeichenbegriffs wird auch ausgeführt werden, wie die Wissenschaft der Semiotik als Grundlagenwissenschaft über die Zeichen aus wissenschaftstheoretischer Sicht konzipiert werden kann und wie Computermodelle als genuine theoretische Werkzeuge benutzt werden können.


The Usage of signs is intimitately connected with perception, memory and learning. Reality will be reconstructed as an infinite process of constructions based on a stream of events and selfmodifying operations.
Die Rekonstruktion des Zeichengebrauchs führt unmittelbar ins Zentrum von Wahrnehmung, Gedächtnis und Lernen. Die damit verbundenen Erkenntnisprozesse sind aufs engste miteinander verflochten. 'Wirklichkeit' wird hier als eine Ereignismenge rekonstruiert, die sowohl bzgl. der Art der unterschiedenen Ereignisse wie auch bzgl. der Art der Kombination und Wechselwirkung von Ereignissen innerhalb eines permanenten Lernprozesses schrittweise modifiziert werden kann. Dieser prinzipiell unabgeschließbare Modifikationsprozeß kann 'Bilder von sich selbst' anfertigen und sie 'auf sich selbst' anwenden. Die Basis dieser Selbstbilder bilden 'subjektive' Strukturen, die durch Rekonstruktionen 'unbewußter Anteile' 'korrigiert' werden können. Aber alle sogenannten 'objektiven' Modelle führen nicht wirklich aus der 'subjektiv fundierten Selbstbezüglichkeit' hinaus. Pragmatisch und kommunikativ vermittelte Kriterien können helfen, den subjektiven Ausgangspunkt 'hypothetisch zu transzendieren'. Nebenbei eröffnet sich hier die Möglichkeit, die weithin als konträr aufgefaßten 'subjektiven' und 'objektiven' Theorieansätze in der Wahrscheinlichkeitstheorie hier als zwei genuine Aspekte innerhalb eines konkreten Systems zu situieren.


These reconstructions yield as a sideeffect new possibilities to interpret the relationship between 'mind' and 'matter'. Beyond a simplifying 'reduction' of mind to matter there is the real challenge to explain the 'mindlike potential of matter'.
Als Nebeneffekt dieser Rekonstruktionen und Konstruktionen eröffnen sich interessante neue Perspektiven für die alte Frage des Verhältnisses von 'Geist' und 'Materie'. Verknüpft man den Begriff des 'Geistes' mit jenen Phänomenen, die wir im Alltag mit dem bewußten Erleben des Menschen identifizieren und 'Materie' mit jenen physiologischen Strukturen, die unseren empirisch aufweisbaren Körper mit dem Gehirn auszeichnen, dann erlauben die Rekonstruktionen dieses Projektes die Formulierung eines Erklärungsmodells, das einerseits verständlich macht, warum das 'bewußte Erleben' als solches keine 'kausale Wirkung' auf die zugrundeliegende physiologische Strukturen hat', aber das 'erlebte Wollen' dennoch nicht wirkungslos ist. Das Paradox löst sich auf, wenn man das 'Erleben' als 'Innensicht des Gehirns' begreift. Die damit gegebene 'Rückführung' 'geistiger' Phänomene auf 'materielle' Prozesse als 'Reduktion' zu deuten, wäre zwar naheliegend, ist aber unfruchtbar. Sie verstellt das eigentlich Interessante an diesem Zusammenhang, nämlich die 'geistige Potenz der Materie'; die zu erklären ist die eigentliche Herausforderung.


The formula of the 'mindlike potential of matter' relates the subject to the more general dimension of evolution. Mankind as a genuin part of the evolving nature can with its 'explicit mindpotential' enable new kinds of material structures as medium of new types of mind processes. Thus mankind has the real chance to accelerate evolution in a characteristic way.
Die Formel von der 'geistigen Potenz der Materie' kann ein Bindeglied darstellen zur Dimension der zeitlichen Ausfaltung empirisch beschreibbarer Strukuren, wie sie unter dem Konzept der 'Evolution' diskutiert werden. Die Menschheit als ein noch sehr junges Moment an diesem Prozeß eröffnen mit ihrer 'Geistigkeit' die Möglichkeit, die Ausgestaltung 'materieller' Strukturen als 'Medien' neuartiger 'geistiger' Prozesse in bislang ungeahnter Weise zu beschleunigen. Die Unterscheidung zwischen 'künstlichen' und 'natürlichen' heistigen Strukturen wird auf Dauer obsolet, da alle 'geistigen' Prozesse auf Dauer einen solch 'symbiotischen' Zusammenhang aufweisen werden, daß ihre Auftrennung praktisch undurchführbar wird; das aber gerade könnte die evolutive Chance sein, die heute immer deutlicher hervortretenden biologischen Grenzen der menschlichen Geistigkeit und des damit implizit bedrohten Handlungsraumes zu überwinden.


This book is really only an essay, focussing on a new idea embedded in a highly complex network of concepts and presuppositions. Citations and hints to historical relationships are reduced to a minimum.
Dieses Buch versteht sich bewußt als ein Essay, d.h. als ein Versuch, eine neue Idee, die einen hochkomplexen Zusammenhang voraussetzt, anhand von grundlegenden Strukturen und prinzipiellen Modellen soweit 'sichtbar' zu machen, daß ein interdisziplinäres Gespräch bei gutem Willen möglich sein sollte. Verweise auf vorausgehende oder verwandte Arbeiten werden sich auf das Notwendigste beschränken. Eine ausführliche Diskussion aller in dieses Buch hineinwirkenden Querbeziehung würde mehr als ein eigenes Buch füllen.


INHALT