APPENDIX II: WITTGENSTEIN's Position with regard to Chapter 5





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(The english annotations below are only a rough characterization of the content of the german text)





ANHANG II: WITTGENSTEINs Position mit Bezug auf Kap. 5




AUTHOR: Gerd Döben-Henisch
COAUTHOR: Joachim Hasebrook
DATE OF FIRST GENERATION: Sept. 10, 1997
DATE OF LAST CHANGE: Sept. 10, 1997
ADDRESS: INM - Institute for New Media, Frankfurt, Germany
EMAIL: doeb@inm.de
URL: INM
Copyright (c) Gerd Döben-Henisch
STATUS: Work in Progress
COOPERATION: Everybody is invited to share the discussions, to contribute with own ideas. The authors decide whether such contributions are accepted for incorporation in the final version.


    Selected statements of WITTGENSTEIN with regard to the Problem of Chapt. 5


    Die folgenden Thesen versuchen auf der Basis einer ausgewählten Menge von Textfragmenten aus PU und PP ein erstes Modell der Position und Anschauungen von Wittgenstein zu skizzieren.

    1. PRIVATE EMPFINDUNGEN: Wittgenstein geht fraglos von der Tatsache aus, daß wir Menschen unmittelbare Erfahrungen haben, die er auch private Empfindungen oder subjektive Erlebnisse nennt (PP 11, 21; PU 243). Erlebnisse erscheinen (PP 165). Das Nichtvorhandensein einer bestimmten Art von Erlebnissen nennt W. Blindheit (PP 189). Erlebnisse haben bzw. nicht haben ist grundlegend vor Wissen und Zweifel (PU 246). Das Wesentliche am privaten Empfinden ist eigentlich, daß keiner weiß, ob der anderes auch dies hat oder etwas anderes (PU 272). Empfindungen sind kein Etwas aber auch kein Nichts! (PU 304). Es gibt keinen Grund geistige Vorgänge (wie z.B. erinnern) zu leugnen (PU 305). Das meinen ist etwas im seelischen Bereich. Aber es ist auch etwas Privates! Es ist das ungreifbare Etwas; vergleichbar nur dem Bewußtsein selbst (PU 358).

    2. GEIST/ SEELE: Etwas, was sich im Raum der unmittelbaren Erfahrung befindet, befindet sich in meinem Geist (PP 40). Vorgänge im Geist sind seelische Vorgänge (PP 106) bzw. geistige Phänomene (PU 363).

    3. GEISTESSCHWACHHEIT: Geistesschwachheit korrelieren wir mit 'Bedeutungsblindheit' und 'automatischem Reden' (PP 198, 216).

    4. UNMITTELBARE WAHRNEHMUNG: Im Kontext der unmittelbaren Erfahrungen spricht er auch von der unmittelbaren Wahrnehmung (PP 21). Es kommt ihm vor als habe er gerechnet (PU 364).

    5. BEGRIFF EINES ERLEBNISSES: Der Begriff eines Erlebnisses (z.B. von Schmerz) ist zu unterscheiden von dem Erlebnis selbst (PP 154). Gibt es einen Unterschied zwischen dem visuellen Eindruck, den ich jetzt habe und die Allen bekannte Farbe, die ich mit einem Wort meine? (PU 277). Auf den privaten Übergang vom Gesehenen zum Wort könnte ich keine Regeln anwenden. Hier hingen die Regeln wirklich in der Luft; da die Institution ihrer Anwendung fehlt (PU 380).

    6. PSYCHOLOGISCHE ÄUSSERUNGEN: Äußerungen von Menschen über ihre seelischen Vorgänge (unmittelbare Vorgänge, private Empfindungen ...) heißen psychologische Äußerungen (PP 102, PP 212). Wir schließen daraus, daß die Psychologie als Wissenschaft der seelischen Vorgänge zu verstehen ist, die auf methodische Weise versucht, eine systematische Gesamtheit von Äußerungen über das Seelische zu gewinnen. Problem: Spezifische psychologische Erscheinungen implizieren einen hinweisenden Aufweis (Definition). Wie will man aber 'erinnern', 'glauben', 'beabsichtigen', 'vorstellen' vorführen? (PP 200). Introspektion kann nie zu einer Definition führen. Sie kann nur zu einer psychologischen Aussage über den führen, der introspiziert bzw. aus der Sicht des Introspizierenden spricht dieser über seine besonderen Erlebnisse (PP 212).

    7. PHILOSOPHIE: Gegenstand der Philosophie ist u.a. zu analysieren, wie wir die Sprache in den verschiedensten Kontexten gebrauchen(PU 254). Beim Philosophieren spielen psychologische Tatbestände von Bedeutungsbziehungen beim Aussprechen von Worten eine Rolle (PU 274). Beim Vorliegen einer philosophischen Absicht verändert sich die Art und Weise, wie man seinen Sprachgebrauch wahrnimmt (PU 275). Die philosophische Kritik richtet sich nicht auf die geistigen Vorgänge als solche, sondern auf bestimmte sprachliche Muster (Grammatik), wie diese artikuliert bzw. wie über diese gesprochen wird (PU 307, 308!). Wir analysieren nicht ein Phänomen (z.B. das Denken), sondern einen Begriff (z.B. den des Denkens), und also die Anwendung eines Wortes (PU 383). Das Wesen ist in der Grammatik ausgesprochen (PU 371).

    8. BENEHMEN/ KONTEXT: Zeitlich korreliert mit den Erlebnissen kann ein bestimmtes Benehmen stehen (Gebärden, Mimik...), das zusätzlich korreliert sein kann mit Aspekten der Umgebung (PP 129).

    9. WORTVERWENDUNGEN: Worte können etwas bezeichnen (PU 264). Wie ein Wort funktioniert, kann man nicht erraten. Man muß seine Anwendung ansehen und daraus lernen (PU 340). Es gibt Kriterien, die sich auf das Benehmen stützen, anhand deren man entscheiden kann, ob jemand nicht versteht oder nur zu verstehen glaubt (aber faktisch falsch versteht) oder aber richtig versteht (PU 269, 288). Mindestens beim Erlernen von Wortverwendungen (Spracherwerb, Abrichtung...) ist die Umgebung wesentlich (PP 131). Wenn ich ein Wort zunächst für ein Gefühl G1 gebrauche, und später das gleiche Wort für ein Gefühl G2 verschieden von G1, dann gebrauche ich das Wort falsch (PP 147). Das Erlernen von Wörtern, die sich auf private Empfindungen beziehen, kann dadurch geschehen, daß man die Wörter mit dem ursprünglichen natürlichen Ausdruck verknüpft, der Empfindungen begleitet (PU 244). In diesem Fall ist der Sprachgebrauch nicht privat, sondern öffentlich. Privat wäre er, wenn die Gefühle, die jemand mit einem Wort bezeichnet, nicht mit einer bestimmten Körperäußerung korrelieren (PU 256). Im Falle einer privaten Verwendung könnte jemand anderes den korrekten Gebrauch dieses Wortes nicht lernen (PU 257), ich aber scheine sie zu verstehen (PU 269). Der Vorgang des Benennens impliziert sehr viele Faktoren (PU 257). Wie kann jemand lernen, privat Worte zu verwenden? (PU 262). Bezeichnungen, die nur als Zuordnung/ Tabelle in der Vorstellung existieren, garantieren keine Richtigkeit (wobei 'etwas richtig ist', wenn es in der Körperwelt fundiert ist)(PU 265). Wenn man die Grammatik des Ausdrucks von Empfindung nach dem Muster von 'Gegenstand und Bezeichnung' konstruiert, dann fällt der Gegenstand als irrelevant aus der Betrachtung aus (PU 293). Empfindungen sind kein Etwas aber auch kein Nichts! Im Rahmen der normalen Grammatik von Gegenstand und Bezeichnung angewendet auf Empfindungen täte aber die Zuschreibung als Nichts die gleichen Dienste (PU 304).

    10. BENEHMEN ALS AUSDRUCK VOM EMPFINDUNGEN: Es gibt keine absoluten Kriterien dafür, ob bei einem anderen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Gefühl (Erlebnis, Erfahrung, Empfindung) vorliegt oder nicht. Ein beobachtbares Benehmen kann Verstellung sein. M.a.W. das zeitlich korrelierte Auftreten eines bestimmten Benehmens mit einer bestimmten Empfindung kann weitgehend willentlich gesteuert werden. (PP 137). Letzteres nennt W. heucheln. Auch dieses wird gelernt (PP 142). Im Alltag wirkt sich diese prinzipielle Ungewißheit kaum aus; normalerweise unterstellt man, spontan, daß man weiß, welche Gefühle sich mit einem bestimmten Benehmen verbinden (PP 138)! Man kann nur vom lebenden Menschen oder von dem, was sich ähnlich benimmt, wie ein Mensch, sagen, es habe Empfindungen (PU 281). Man muß es von einem Körper sagen bzw. von einer Seele, die einen Körper hat (PU 283), nicht aber z.B. zu einem Stein oder einem Leichnam (PU 284). Die Beschreibung eines Gesichtsausdrucks funktioniert, auch ohne auf die Geometrie Bezug zu nehmen (PU 285). Es ist falsch, anzunehmen, der andere habe die gleichen Schmerzen wie ich (PU 350).

    11. SINN EINES SATZES: Es gibt so etwas wie das Erleben des Sinnes eines Satzes im Unterschied zur Wortbedeutung, etwa gegeben durch ein Bild, das man mit dem Aussprechen eines Satzes verbindet. (PP 203f).

    12. WORTBEDEUTUNG/ ZEICHENBEDEUTUNG: Zeichen ersetzen nicht die Gegenstände, die sie bedeuten (PP 207). Nur im Fluß haben Worte ihre Bedeutung (PP 240). Das Verstehen einer Bedeutung ist verschieden von dem Vorstellungsbild, das sich mit einem Wort verbinden kann (PP 251). Bedeutung ist kein Sinneseindruck (PP 259). Aber: Der Wortausdruck des Schmerzes ersetzt das Schreien und beschreibt es nicht (PU 244).

    13. DENKEN ALS TUN: Man erklärt ein Tun oft dadurch, daß man die Gedanken erzählt, die man hatte, bevor oder während man dies tat (PP 217). Gedanken erscheinen dadurch wie Vorgänge im Körper, über die man berichten kann (PP 218). Nicht alles, was man tut, tut man mit einer Absicht (PP 224). Die Absicht ist eingebettet in der Situation, den menschlichen Gepflogenheiten und Institutionen. Gäbe es nicht die Technik des Schachspiels, so könnte ich nicht beabsichtigen, eine Schachpartie zu spielen. Soweit ich die Satzform im voraus beabsichtige, , ist dies dadurch ermöglicht, daß ich deutsch sprechen kann (PU 337).

    14. KRITERIEN (ERINNERUNGEN) VON EMPFINDUNGEN: Was immer ein Ereignis im Gedächtnis zurückläßt, es ist nicht die Erinnerung (PP 220). Bilder repräsentieren Erinnerbares nicht besser wie Worte (PP 231). Eine Vorstellung ist kein Bild, aber Bilder können ihr entsprechen (PU 301). Ein Vorstellungsbild ist das Bild, das beschrieben wird, wenn einer seine Vorstellungen beschreibt (PU 367). Wenn ich zwei private Erinnerungen A und B jeweils individuell benenne, bin ich in der Zukunft nicht in der Lage, rein aufgrund der Erinnerung zwischen dem Vorliegen einer (neuerlichen) Empfindung A und B zu unterscheiden (M.a.W. Erinnerte Empfindungen sind nicht entscheidbar) (PU 258). Empfindungen identifiziert man nicht durch Kriterien (PU 290).

    15. ALLGEMEINER SPRACHGEBRAUCH: Beim Sprechen über Empfindungen muß man sich klar machen, daß Worte wie 'Empfindung', 'haben' und 'etwas' zur allgemeinen Sprache gehören, insofern bedarf der Gebrauch dieser Worte eine Rechtfertigung, die alle verstehen (PU 261). Unser Kriterium dafür, daß einer zu sich selbst spricht, ist das, was er uns sagt, und sein übriges Verhalten; und wir sagen nur von dem, er spräche zu sich selbst, der, im gewöhnlichen Sinne, sprechen kann (PU 344). 15. MENSCH-MASCHINE: Aber eine Maschine kann doch nicht denken! - Ist das ein Erfahrungssatz? Nein. Wir sagen nur vom Menschen, und was ihm ähnlich ist, es denke. Wir sagen es auch von Puppen und wohl auch von Geistern. Sieh das Wort 'denken' als Instrument an! (PU 360).



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